Menu

#1 Tavia Nyong’o: A Defense of Utopia
9. Juli 2022, 18 Uhr

Tavia Nyong’o, A Defense of Utopia, 9 July 2022

Die Programmreihe THESES ON HOPE wird von Tavia Nyong’o mit seinem Vortrag A Defense of Utopia eröffnet, dem ein Gespräch über Utopie und Endzeitstimmung in der zeitgenössischen Kunst folgt. Nyong’o schreibt:

„Für die Anhängerschaft von Ernst Bloch besteht ein Teil der Herausforderung darin, jeder neuen Leser:innnen-Generation erneut zu erklären, dass sein Konzept der Utopie keine Science-Fiction oder der Entwurf eines Fantasten für eine perfekte Gesellschaft ist. Vielmehr ist der Geist der Utopie, den er verhandelt, dem alltäglichen Leben inhärent, und zwar als alltägliches Leben, wann immer und wo immer dieses Leben eine Form annimmt, die es antreibt, ‚ein eigenes Leben zu führen‘. Das heißt, es handelt sich um ein Konzept der Utopie für Künstler:innen, oder besser gesagt für Handwerker:innen. Oder noch besser, es ist ein Konzept der Utopie, in dem die Unterscheidung zwischen Künstler:innen und Handwerker:innen aufgehoben ist, und in dem die reibungslosen Oberflächen der handgefertigten Objekte erneut mit den Mustern und Symbolen widerspenstigen Begehrens durchzogen sind. Der Geist der Utopie versucht, anders ausgedrückt, eine gemeinsame, kontinuierliche und zumeist unbewusste Beteiligung an utopischen Wünschen zu entdecken, ein gemeinsames Gefühl zu vermitteln, dass irgendetwas fehlt, und gleichzeitig die konkrete Manifestation dieser Aktivität, dieser Revolution im täglichen Leben festzuhalten und zu bewahren. Sofern dies ein allgemeiner Ansatz ist, ist er nicht identitätsbezogen und kann es auch nicht sein. Es gibt keine utopische Kaste oder Klasse oder gar einzelne Utopist:innen im einfachen Sinne. Das Alltägliche, in dem sich das Utopische befindet, ist kein alltägliches Alltägliches, sondern ein Alltägliches, das in einem besonderen Maße entfremdet ist. Poesie kann dazu beitragen, uns auf diese Hinwendung der Sprache zu sich selbst als einen Aspekt ihres konkreten und direkten Gebrauchs einzustimmen. Die mystischen, ja sogar messianischen Stränge in Bloch, die immer ein Hindernis für seine Rezeption durch die seriöse Philosophie darstellten, sind genau die Stränge, auf denen meine Lesart von ihm mittels einer Queer of Color Critique beharren wird.“