#2 Teo Hernandez: Pas de ciel
9. Juli - 24. August 2022
Between Bridges freut sich, einen seiner neuen Ausstellungsräume mit einer Installation des Films Pas de ciel (1987) des Künstlers, Filmemachers und Schriftstellers Teo Hernandez zu eröffnen. Die Arbeit gilt als Höhepunkt seiner langjährigen Praxis, die sich dem Ablichten von Körpern in Bewegung und der sinnlichen Vermittlung von Berührung mittels des Mediums Film gewidmet hat.
Der 1939 in Ciudad Hidalogo, Mexico, geborene Hernandez studierte zunächst Architektur, um sich wenig später dem bewegten Bild und seinen Möglichkeiten, Körperlichkeit zu vermitteln, zu verschreiben. In Mexiko City gründete er das Centro Experimental de Cinematografía mit, bevor er 1966 nach Paris übersiedelte, wo er sich der L’Ecole du Corps anschloss, einer Super8-Filmbewegung, die die Syntax von Körpern untersuchte, um deren Bewegungsabläufe nachzuahmen. Gemeinsam mit seiner ersten Muse und seinem Lebensgefährten, dem Künstler Michel Nedjar, reiste er durch Länder wie Griechenland, Marokko, Indien und Nepal, schuf zahlreiche Kurzfilme und etablierte einen elaborierten, gleichzeitig tagebuchartigen und barocken Stil, der Elemente von Reiseberichten, Dokumentation und Zelebrierung monotoner Freizeitaktivitäten, stilisierten und inszenierten Kostümszenen und einer Auseinandersetzung mit den ästhetischen Traditionen von Spiritualität verwebt. Seit Mitte der 1970er Jahre weitete Hernandez sein künstlerisches Schaffen auf Langfilme aus, in denen er häufig biblische Geschichten neu interpretierte, darunter Oscar Wildes Version der Geschichte von Salomé (1976, nach Oscar Wilde) oder der Vierteiler Le Corps de la Passion (1977–80), in dem seine zweite Muse und sein Geliebter, der Künstler Gaël Badaud, als wiederkehrender Protagonist auftritt. Gemeinsam mit Nedjar, Badaud und dem Filmemacher Jakobois bildete Hernandez bald das Kollektiv Métro-Barbès-Rochechou-Art, in dem sie sich gegenseitig in ihrer künstlerischen Herangehensweise an die Beziehung zwischen Körper und Kamera beeinflussten. Hernandez veränderte so in den 1980er Jahren seinen filmischen Ausdruck von der Abbildung von Körpern in Bewegung hin zu einem Verständnis der Kamera als Erweiterung seines eigenen, sich in ständiger Bewegung befindenden Körpers. Er entwickelte ein ekstatisch-expressives Vokabular, das aus einer schwenkenden Kamera sowie kreisförmig rotierenden Abwärtsbewegungen als Übergänge zwischen einzelnen Szenen und kontinuierlichen und temporeichen Zooms bestand.
In seinen letzten Lebensjahren entwickelte Hernandez ein ausgeprägtes Interesse am Filmen von Tanz und am Filmen als Tanz und übte gleichzeitig die Rolle eines Filmemachers, Choreographen und Performers aus. Herandez konzipierte Pas de ciel für das Festival Rencontre Danse/Image in Chateauvallon gemeinsam mit dem Tänzer und Choreographen Bernardo Montet, damals eine aufstrebende Figur des französischen zeitgenössischen Tanzes, der Elemente der Psychomotorik und des Butō mit einem Repertoire, das von persönlichen Erfahrungen mit dem Erbe des Kolonialismus geprägt ist, verschmolzen hat. Das Werk gilt vielen als Inbegriff einer sich gegenseitig befruchtenden Zusammenarbeit und sprengt die Vorstellungen, wo der Film endet und der Tanz beginnt: ohne Ton und doch laut nachhallend, besteht seine Syntax aus einem Körper am Horizont aus Meer und Himmel, sowie der Gleichzeitigkeit von Spuren und Ausblicken von der Potenzialität von Bewegung, Aktion und Reaktion.
Teo Hernandez ist 1992 an den Folgen einer HIV-Infektion gestorben. Er hinterließ ein idiosynkratisches Werk von mehr als 100 Bewegt-Bildern. Michel Nedjar vermachte dem Centre Pompidou seine Filme und Schriften.
Between Bridges dankt Light Cone für die Ausstellungsrechte und die außerordentlich freundliche Unterstützung.
Gezeigte Werke:
Pas de ciel (1987), 16mm, übertragen auf Digitalfilm, Farbe, stumm, 29:00 min
Veranstaltung im Rahmen der Ausstellung:
Screening-Programm Mittwoch, 13. Juli, 20 Uhr
Between Bridges freut sich, über das Screening-Programm von weiteren Filmen des Künstlers, Filmemachers und Schriftstellers Teo Hernandez (1939 - 1992) am Mittwoch, den 13. Juli zu informieren, das die Installation des Films Pas de ciel (1987) begleitet, die aktuell zu sehen ist. Das Screening präsentiert Werke aus unterschiedlichen Schaffensperioden von Hernandez, dessen langjährige Praxis dem Ablichten von Körpern in Bewegung und der sinnlichen Vermittlung von Berührung mittels des Mediums Film gewidmet war:
Michel là-bas, 1970, 8mm übertragen auf Digitalfilm, Farbe, Sound, 16:00 min.
Corps aboli, 1978, Super 8mm übertragen auf Digitalfilm, Farbe, stumm, 16:24 min.
Salomé, 1976, Super 8mm übertragen auf Digitalfilm, Farbe, Sound, 65:00 min.