#3 Sabian Baumann: Horizontales Paradies – Reliefserie
9. Juli - 13. August 2022
Als Teil des Eröffnungsprogramms des neuen Ausstellungsorts ist Between Bridges erfreut, die erste Berliner Einzelausstellung von Sabian Baumann zu präsentieren.
1962 im schweizerischen Zug geboren, entgegnet Baumann dem Normativen seit drei Jahrzehnten eine künstlerische Praxis, die die ästhetischen und affektiven Dimensionen von Unbestimmtheit und Instabilität, von Brüchen und Widersprüchen, von Optimismus und Humor zelebriert. Baumann arbeitet vorwiegend mit figurativer Zeichnung, das breit gefächerte Werk umfasst zudem auch Skulpturen, Videos und Installationen sowie sozial engagierte und queeraktivistische Kollaborationen. Innerhalb und außerhalb der Schweiz ist Baumann seit den 1990er-Jahren eine Schlüsselfigur der queer-feministischen und antidiskriminatorischen Bewegung und hat queere Kunst- und Filmprojekte, Interventionen, Workshops und Performances initiiert und mitorganisiert. Dazu gehören: die Veranstaltungsreihe erotisch, aber indiskret, Feminismus - Kunst - Pornografie (1995), das Produktionslabel Sexismus Productions (1999–2003), der Think Tank Casual (2003–04), die Filmdokumentation working on it (2008), das Ausstellungsprojekt An Unhappy Archive (2013–) (beide gemeinsam mit Karin Michalski) und die künstlerischaktivistische Intervention die grosse um_ordnung (2018).
Bei Between Bridges präsentiert Baumann die Reliefserie (2013–2014), eine Reihe von kleinformatigen Skulpturen aus ungebranntem Ton, deren poröse Materialität das Potenzial zur Veränderung in sich birgt. Die Serie präsentiert menschliche, fantastische und hybride Wesen gleichzeitig als Verkörperung von und als Matrize für queere Affinitäten und Intimitäten – für Vorstellungen anderer Subjektivitäten; für andere mögliche Formen von Beziehung, Sehnsucht und Zugehörigkeit. Baumanns Wesen, mal zärtlich zueinander geneigt, mal leidenschaftlich ineinander verschlungen, üben Praktiken des Horizontalen aus: lieben, kümmern, sich erholen oder gemeinsam träumen. Das Horizontale Paradies ist gleichzeitig der letzte Ort, um die Inanspruchnahme der Effizienz-getriebenen neoliberalen Konditionierung zu unterlaufen.
Für ihre institutionelle Präsentation wird die Reliefserie auf einem leuchtend himbeerroten Hintergrund installiert, die sie ästhetisch und konzeptuell mit dem Ausstellungsprojekt An Unhappy Archive, das gemeinsam mit Karin Michalski initiiert wurde in Beziehung setzt. Das Archiv versammelt visuelle und theoretische Materialen, die „happiness“ als soziale Norm hinterfragen, und arbeitet mit einer Reihe von Denker:innen der queeren Affekttheorie zusammen wie etwa Sara Ahmed, Lauren Berlant oder José Esteban Muñoz, der während der ersten Präsentation des Archivs 2013 noch am Leben war.
Between Bridges dankt allen Leihgeber:innen für ihre großzügige Unterstützung, die es ermöglichen, die Reliefserie erstmals in Deutschland zusammengeführt zu präsentieren.
Kuratiert von Viktor Neumann.